Ein Aufbruch in Richtung einer nachhaltigen Digitalisierung?
Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung hat ein für uns spannendes Unterkapitel. Tatsächlich widmet der 177 Seiten-Wälzer “Mehr Fortschritt wagen” des “Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit” unserem Thema “Nachhaltigkeit in der Digitalisierung” neun Zeilen.
Das Unterkapitel im Wortlaut
Wir wollen die Potentiale der Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit nutzen. Durch die Förderung digitaler Zwillinge (z. B. die Arbeit an einem virtuellen Modell eines analogen Produktes) helfen wir den Verbrauch an Ressourcen zu reduzieren. Wir werden Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten, u. a. durch Nutzung der Abwärme. Neue Rechenzentren sind ab 2027 klimaneutral zu betreiben. Öffentliche Rechenzentren führen bis 2025 ein Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco Management and Audit Scheme) ein. Für IT Beschaffungen des Bundes werden Zertifizierungen wie z. B. der Blaue Engel Standard. Ersatzteile und Softwareupdates für IT‐Geräte müssen für die übliche Nutzungsdauer verpflichtend verfügbar sein. Dies ist den Nutzerinnen und Nutzern transparent zu machen.
Wer es nochmal im Zusammenhang nachlesen möchte, findet es auf Seite 18 im Koalitionsvertrag.
Nachhaltigkeit in der Digitalisierung weiter gefasst
Neun Zeilen sind ein Anfang. Die Möglichkeit, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammenzudenken, sieht in Zukunft auch die Bundesregierung.
Wobei die hier stillschweigend verwendete Definition von Nachhaltigkeit eine sehr enge zu sein scheint. Nachhaltigkeit in der Digitalisierung verfolgt hier vor allem Klimaneutralität als Ziel.
Das ist ein wenig ambitionslos. Wobei wir dafür vollstes Verständnis aufbringen. Sich in einer größeren Gruppe auf eine ambitionierte Definition von “Nachhaltigkeit in der Digitalisierung” zu einigen, ist mühsam. Das ist ein Grund, warum wir Minimalbedingungen (Effiziente Websites und Commitment zu Datenschutz) definiert haben und darüber hinaus jede:r Dienstleister:in selbst formuliert, inwiefern das eigene Angebot nachhaltig ist.
Wie man Nachhaltigkeit in der Digitalisierung umfassender verstehen könnte, lässt sich in einem anderen Wälzer gut nachlesen. Steffen Lange und Tilman Santarius argumentieren in ihrem Buch Smarte grüne Welt? für drei Leitprinzipien einer nachhaltigen Digitalisierung:
- Digitale Suffizienz: So viel Digitalisierung wie nötig, so wenig wie möglich.
- Konsequenter Datenschutz: Wessen Daten? Unsere Daten!
- Gemeinwohlorientierung: Kollaborativ statt kapitalistisch.
Auch zu dieser weiter gefassten digitalen Nachhaltigkeit gibt es den ein oder anderen Anknüpfungspunkt im Koalitionsvertrag zu entdecken. So schimmert die Gemeinwohlorientierung in der Bevorzugung von Open Source bei Entwicklungsaufträgen durch (Seite 15).
Aber natürlich finden sich in einem Dokument von SPD, FDP und den Grünen nicht alle Punkte, die unter den gelisteten Dienstleister:innen eines doch eher nischigen Verzeichnisses eine lockere Mehrheit hätten. So bleibt die Suche nach einem konsequenten Datenschutz mit beispielsweise einem Verbot von Dark Pattern vergeblich.
Vielleicht ein bisschen Rückenwind
Insgesamt gibt es genug Mut machende Zeilen, um auf ein wenig Rückenwind in den nächsten Jahren zu hoffen. Der Koalitionsvertrag ist ja auch ein Zeichen davon, dass der Wunsch nach einer nachhaltige Digitalisierung in den letzten Jahren ein Stück weiter Richtung Mainstream gerutscht ist. Und wenn dann mehr und mehr Auftraggeber:innen die geplanten Digitalprojekte nachhaltig umsetzen wollen, finden sie die passenden Agenturen und Freelancerinnen bei uns.